Tierbesprechung Stämmeschau Herzogenbuchsee

Vom 27. bis am 30. Dezember fand die Schweizerische Stämmeschau der Dreifarbenscheckenkaninchen in Herzogenbuchsee statt. Angeschlossen an die 12. Sie + Er Ausstellung des OV Herzogenbuchsee und mit Unterstützung der Gruppe Bern konnte, aufgrund der letztjährigen Absage, eine ausserordentliche Klubschau durchgeführt und die schönsten Dreifarbenschecken aus der ganzen Schweiz präsentiert werden. Am Donnerstag, dem letzten Ausstellungstag, fand traditionsgemäss eine Tierbesprechung statt. Michel Gruaz leitete diese und erläuterte den Züchtern wichtige Punkte, welche am Bewertungstag aufgefallen sind und allenfalls auch für die Zucht der Tiere von Wichtigkeit sein könnten. Insbesondere die schönen Köpfe, vor allem auch bei den Zibben, stachen dabei positiv hervor. Auch die schönen Felle konnten die Richter durchaus überzeugen. Die zweite Position wurde hingegen als Schwachpunkt ausgemacht, obwohl der Fortschritt aus den letzten 20 Jahren klar erkennbar ist. In den beiden Zeichnungspositionen zeigte sich die Schwierigkeit einer idealen und perfekten Zeichnung. Insbesondere die Rumpfzeichnung und die Anforderungen respektive die Interpretation des Standards luden dabei zur Diskussion ein.

Michel Gruaz hat uns freundlicherweise seine auf Deutsch verfasste Präsentation und die extra erstellte Statistik der Bewertung zur Verfügung gestellt. Es lohnt sich, die sehr informative Tierbesprechung nochmals nachzulesen. Vielen Dank Michel.

  Bewertungsstatistik

«Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Dani, geschätzte Dreifärbler

Es ist eine Ehre für mich, aber auch, der Sprache wegen, eine große Herausforderung diese Tierbesprechung zu halten. In der Vergangenheit hatte ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit bei der Bahn gelegentlich die Möglichkeit, Deutsch zu sprechen, aber das ist heute nicht mehr der Fall. Ich hoffe, mein Schriftdeutsch bereitet Ihnen keine Kopfschmerzen. An meinem Alter befürchte ich, dass mir die deutschen Wörter nicht einfallen, deshalb habe ich heute Morgen aufgeschrieben, was ich Ihnen mitteilen möchte. Wie ihr wisst, mussten Patrik Aebischer aus gesundheitlichen Gründen und Mirko Solari wegen der weiten Anreise aus dem Tessin auf diese Tierbesprechung verzichten. Als ehemaliger Dreifärbler freue ich mich daher sehr, euch die Feststellungen der Experten anlässlich der Bewertung vom Dienstag mitzuteilen.

Zusammen mit Patrik Aebischer, Jean-Claude Eicher sowie Obmann Mirko Solari hatten wir die Ehre die Kaninchen einer der schönsten Rassen die es gibt zu bewerten. Wir danken euch für das Vertrauen, das ihr uns entgegengebracht habt. Die Dreifarbenschecken haben von 1994 bis 2000 meine Kaninchenställe bewohnt. Diese Rasse bleibt immer noch meine Lieblingsrasse.

Es ist zwar allgemein bekannt, dass die Tiere dieser Rasse zu den am schwierigsten zu züchten gehören. Diese stellen aber auch eine ständige Herausforderung für Experten dar. Die Zeichnungstiere erfordern eine hohe Konzentration. Sowohl beim Körperbau als auch bei der Farbe und den Rassenmerkmalen müssen die Experten immer wieder Kompromisse eingehen. Die Bewertung des Körperbaus erfordert auch viel Fingerspitzengefühl. Die Positionen 2 und 3 sind nicht auf demselben Niveau wie z. B. bei Blauwiener oder Thüringer und der anwendbare Maßstab ist sicher nicht derselbe.

Vor der Bewertung wurden wir vom Obmann Mirko Solari beauftragt, bei der zweiten Position, die bei dieser Rasse als eher schwach gilt, keine Kompromisse einzugehen. Das heisst, die etwas langen und dünnen Vorderläufe, die manchmal noch leicht durchtretend sind, sowie Brustkorb und Schultern, die an Muskulatur mangeln, zu bestrafen. Er forderte uns auch auf, streng in Bezug auf kurze Felle zu sein. In diesem Zusammenhang bat er uns, jedem zu kurzen Fell nur eine 18 zu geben. Dies geht sicher zu Gunsten der Rasse, weil wenn die Experten streng sind, bemühen sich die Züchter das Niveau der betreffenden Positionen zu verbessern. Dies war also das Ziel des Obmannes.

Die Bewertung hat uns jedoch gezeigt, dass seine Befürchtungen bezüglich der kurzen Felle unbegründet waren.

Wenn wir die Bewertung Position nach Position beurteilen, stellen wir fest, dass die Dreifarbenschecken schöne Köpfe haben. Wir konnten attraktive Kopfformen mit offenen und gut fleischigen Ohren feststellen. Das Ideal wurde 20-mal vergeben, davon 10-mal an Zibben, was für die Zukunft der Zucht dieser Rasse positiv ist. Nur wenige Tiere mussten Abzüge wegen etwas zu lange Ohren hinnehmen. Der hohe Durchschnitt dieser Position lautet 9,61.

Die 2. Position bleibt der Schwachpunkt der Rasse. 17 Tiere mussten sich mit einer 9 in dieser Position begnügen. Wir stellten etwas lange und schwache Beine fest, die manchmal noch leicht durchtretend waren aber auch wenig entwickelte Brüste oder offene Schultern. Dennoch haben wir 14-mal das Ideal in dieser Position gewähren können. Im Vergleich zum Jahr 2000, als ich diese Rasse züchtete, zeigen heute, vor allem Zibben, kräftigere Beine und eine deutlich bessere zweite Position.

Der Durchschnitt dieser Position liegt bei 9.48, was als sehr gut angesehen werden kann.

Die Bewertung der dritten Position erfordert viel Fingerspitzengefühl. Bei dieser Rasse weisen oft die Tiere, die sich hoch auf dem Tisch präsentieren, einen flachen Teil im Rücken und dann eine schräge Linie Richtung Beckenpartie auf. Dies führt zu einer hässlichen Rücken-Becken-Linie. Aber, wenn man die gleichen Tiere in eine niedrigere Position bringt, hat man wieder eine rundere Rücken-Becken-Linie. Soll man eine 9 oder eine 9,5 vergeben? Der Durchschnitt der Position liegt bei 9.50. 15 Kaninchen mussten einen Abzug von einem halben Punkt hinnehmen, hauptsächlich wegen eines wenig gerundeten Beckens aber vor allem auch wegen grätiger Rücken. Dagegen haben wir 16-mal das Ideal unter dieser Position gewährt. Dies ist sicher eine Garantie für eine erfreuliche Zukunft der Rasse.

6 Tiere, davon 4 Zibben und 2 Rammler, wurden unter den Positionen 2 und 3, also zweimal, bestraft. Wir haben uns jedoch bemüht, nicht unbedingt zweimal zu bestrafen, obwohl oftmals beide Positionen, 2 und 3, zweifelhaft waren. Daher erlaube ich mir, den Züchtern aller Kaninchen mit einem Abzug unter den Positionen 2 oder 3 zu raten, nicht mit solchen Tieren weiter zu züchten. Sucht lieber im April/Mai bei den besten Züchtern der Rasse nach einfarbigen Tieren oder solchen mit kleinen Fehlern in der Rumpfzeichnung. So werdet ihr schneller Erfolg haben.

Fell und Fellhaut: 31 Tiere erhielten eine 19 in dieser Position, was sehr gut ist. Das Problem bleibt die lose Fellhaut an der Brust und Wammenansätze bei den Zibben. Zibben die idealerweise auf dem Tisch stehen, zeigen fast keine Fellhaut an der Brust und, sofern das Fell gut ist, können daher eine 19 erhalten. Hingegen jene die keine gute Haltung haben, zeigen häufig einen Wammenansatz. Nur 9 Tiere mussten sich mit einer 18 begnügen. Bei dieser Position waren die Experten nicht allzu streng.

Bei der Farb- und Farbenverteilungsposition erhielten 9 Tiere das Ideal und 12 mussten einen Abzug hinnehmen. Obwohl der Standard beschreibt, dass die Ohren und der Schmetterling gut geblümt sein müssen, haben wir die Dinge auseinandergehalten. Auch ein Tier mit etwas schwarzen Ohren, bei dem aber alle anderen Zeichnungsmerkmale eine richtige Farbintensität mit einer guten Verteilung aufwiesen, erhielt noch eine 9.5. Dasselbe gilt natürlich auch, wenn der Schmetterling etwas dunkler war.

In den beiden Zeichnungspositionen konnte das Ideal nur 3-mal vergeben werden. Die Anforderungen sind so hoch, dass es selten vorkommt, dass alles nahezu perfekt ist, um das Ideal zu gewähren. Die Durchschnittswerte der beiden Positionen sind mit 14.24 und 14.28 recht gut. 9 Kaninchen erhielten eine 13.5, alle anderen zwischen 14 und 14.5.

Die Zeichnung des Kopfes ist sehr wichtig, da sie in der Zucht eher stark vererbt. Der wichtigste Punkt ist der Ohrenansatz. Man sollte nicht mit Tieren weiterzüchten, bei denen die weisse Farbe an den Seiten steigt und vor allem nicht, wenn sie zwischen den Ohren greift. Generell haben wir festgestellt, dass Tiere mit einem gut gefärbten Ohrenansatz dazu neigen, etwas zu große Augenringe zu zeigen. Dies hat sicherlich eine Wechselbeziehung. Tiere mit feinen und eleganten Augenringen haben oft einen weniger gut abgegrenzten Ohrenansatz.

Die Rumpfzeichnung hängt mehr vom Zufall ab und ist weniger vererbbar. Wir stellten einige zweifelhafte Fälle fest. Einige Tiere hatten tatsächlich nur zwei Zeichnungstupfen, einen orange-schwarzen auf dem Schenkel und einen etwas größeren orange-schwarzen auf der Flanke. Früher hätten wir betrachtet, dass solche Tiere nur zwei Tupfen haben und es hätte einen Ausschluss zur Konsequenz gehabt mit der Bemerkung «weniger als drei Zeichnungstupfen auf einer Seite». Heutzutage ist es meiner Meinung nach und im Zusammenhang mit den Anforderungen des Tierschutzes nicht unlogisch, einen zweifarbigen Fleck als zwei Flecken zu betrachten und solche Tiere nicht auszuschliessen. Wenn dies jedoch auf beiden Seiten der Fall ist, darf der Experte nicht mehr als 13,5 Punkte vergeben. Etwas ist sicher, ein ähnlicher Fall bei den Sch. Schecken oder den Tsch. Schecken bedeutet immer noch Ausschlus.

Ganz allgemein sind die Rumpfzeichnungen manchmal noch etwas zu massiv und zusammenhängend. Dies hebt sicher die Dreifarbigkeit hervor, entspricht aber nicht dem Standard, der 5 bis 8 frei liegenden Tupfen von etwa 2 bis 3 cm Durchmesser beschreibt. Nach erneutem Lesen des Standards stelle ich fest, dass wir diesbezüglich am Dienstag etwas grosszügig waren. Obwohl Weihnachten bereits vorbei ist.

Bezug auf Gesundheit und Pflege müssen wir den Züchtern ein Kränzlein widmen. Obwohl die Läufe weiß sind, mussten wir in dieser Position keinen Abzug vornehmen. Ich gratuliere.

Abschluss nach Vorstellung von 3 fehlerhaften Tiere sowie beide Siegertiere.

Wenn nach einer Bewertung keine Diskussion mehr stattfinden würde, wäre das sicher das Traurigste, was unserem Hobby passieren könnte. Es wird heute glücklicherweise sicher Diskussionen geben. Fehler gehören leider immer noch zum Menschen.

Ich möchte euch für eure Aufmerksamkeit herzlich danken. Ich wünsche euch und eure Angehörige schöne Festtage sowie einen guten Rutsch. Viel Glück und Freude im Haus und Stall im Jahr 2022.»

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Michel für die spannende Tierbesprechung und an die Organisatoren, dem OV Herzogenbuchsee mit Unterstützung der Gruppe Bern, für die Organisation und die Durchführung dieser Ausstellung. Vielen Dank!